Mikronährstoffe
Inhaltsverzeichnis
Allgemeine Einordnung
NAHRUNG BESSER ALS TABLETTE
Es macht einen Unterschied, ob Sie Nährstoffe über die Nahrung aufnehmen oder z.B. in einer Brausetablette, die zu einem schnelleren „Anfluten“ des Nährstoffes führt.
So werden Calciumtabletten bei Osteoporose nur empfohlen, wenn z.B. aufgrund einer Schluckstörung, die ausreichende Aufnahme über Nahrung nicht möglich ist.
Belege:
- Calcium erhöhte das Risiko für Arteriosklerose (LINK)
- Calcium erhöhte das Risiko für Gefäßkrankheiten (LINK)
Omega-3-Fettsäuren in unserer Ernährung sind entzündungshemmend und wirken sich z.B. auf Gelenkschmerzen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Augenerkrankungen positiv aus. Wenn man Sie allerdings in synthetischer Form einnimmt kann das der Gesundheit sogar schaden.
Beleg:
DAS RISIKO ÜBERWIEGT BEI GESUNDEN
Therapien mit hochdosierten Vitaminen ohne medizinische Indikation sind aus wissenschaftlicher Sicht eher als schädlich einzuschätzen.
Belege:
Gut darstellbar war das insbesondere an Tumorpatienten: Orale Antioxidantien können den positiven Effekt einer Strahlentherapie reduzieren und die Überlebenszeit verkürzen. Eine mögliche Erklärung ist, dass Antioxidantien Sauerstoffradikale neutralisieren, die das Immunsystem des Körpers benötigt, um Krebszellen abzutöten.
ABER: Eine gesunde Ernährung wirkt sich immer positiv auf die Prognose einer Tumorerkrankung aus.
Beleg: Nahrungsergänzungsmittel schädlich bei Chemotherapie (LINK)
Interessant in diesem Zusammenhang ist die Einschätzung des „Ernährungsdocs“ Matthias Riedl. In dieser Folge beleuchtet er Themen wie Nährstoffinfusionen, Vitaminpräparate, Energy-Drinks, Chunky Flavor, Cycle Balance und Trinkmahlzeiten.
NUTZEN-RISIKO-VERHÄLTNIS BEACHTEN
Abschließend darf man nicht vergessen, dass Vitalstoffpräparate günstig sein müssen, weil sie sonst niemand kauft. Auf der anderen Seite steht dahinter eine internationale chemische Schwerindustrie. Die Mischung aus günstig aber schwer herzustellen birgt Risiken:
Häufig kam es schon zu Rückrufaktionen von Mikronährstoffpräparaten aufgrund von Verunreinigungen. Wenn man diese dann über Monate und Jahre eingenommen hat, ohne dass ein Nutzen wissenschaftlich belegt ist, handelt es sich um eine schlechte Nutzen-Risiko-Bilanz.
Beispiele:
- Vigantolvit (Vitamin D3, K2, Calcium) von Procter & Gamble (2021): 2-Chlorethanol Rückstände
- Roter Reis-Extrakt von Aakamp (2022): Erhöhter Gehalt an Monacolin K
- Eisen & C von Warnke Vitalstoffe (2022): 2-Chlorethanol Rückstände
- Wurzelkraft von Jentschura (2022): Salmonellen Besiedlung
- Abtei Magnesium Calcium + D3“-Tabletten (2021): 2-Chlorethanol
Insbesondere „virale Trends“, die überwiegend online vertrieben werden, zeichnen sich häufig durch minderwertige Qualität aus.
Beleg: Fett-weg-Spritze und Nahrungsergänzungsmittel zum Abnehmen (LINK)
IN DER GESETZLICHEN KRANKENVERSICHERUNG MEIST KEINE KASSENLEISTUNG
Die gesetzliche Krankenversicherung orientiert sich an dem Grundsatz: „notwendig, wirtschaftlich, ausreichend“.
Es kann natürlich für den Einzelnen sinnvoll sein, z.B. bei veganer Ernährung, eine gründliche Mikronährsoffdiagnostik durchzuführen, als Feedback für das Ernährungsverhalten.
Die Frage, ob ein Vitalstoff eine Kassenleistung darstellt, orientiert sich aber an den Diagnosen. So ist z.B. bei der Diagnose Anämie (Blutarmut) ein Vitamin B12 und Speichereisen-Screening möglich. Vegane Ernährung ist aber keine Diagnose und als Vorsorgeleistung müssen Sie die Laborwerte und den damit verbundenen Mehraufwand selber bezahlen.
Das kann teuer werden: So kostet ein voller „Veganer-Check“ aller relevanten Nährstoffe ca. 270 Euro. Ein Minimalscreening geht so bei 40 Euro los (Stand 04/2023). Man muss das im Verhältnis sehen: die Kassen rechnen für jeden Versicherten Laborkosten von ca. 2,28 Euro pro Quartal. Wäre der Veganer-Check eine Kassenleistung z.B. 1x/ Jahr kämen auf die Sozialgemeinschaft ca. 2,5 Milliarden Euro Zusatzkosten zu.
Darüber hinaus können wir als Hausärzte aus kassenrechtlichen Gründen, selbst im Falle einer geeigneten Diagnose, nicht immer alle Laborwerte durchführen und müssen Sie ggf. mit einer Überweisung zum Spezialisten schicken, der das weiterführende Labor dann abnimmt und mit Ihnen bespricht.
In der privaten Krankenversicherung gibt es diese Probleme so in der Regel nicht.
Vitamin D
Wir können das fettlösliche Vitamin D durch Sonnenstrahlung über unsere Haut und Nieren selbst bilden. Der hauptsächliche Nutzen wird in den Bereichen Knochengesundheit, Immunsystem, Nervensystem (z.B. Müdigkeit, Epilepsie) und Tumorvorsorge vermutet.
WISSENSCHAFTLICHE EINORDNUNG
- Nutzen nur in der Therapie der Osteoporose sicher belegt.
- Beleg: D-HEALTH- UND CORONAVIT-STUDIE: kein Effekt von Vitamin D auf Mortalität, Atemwegsinfektionen und SARS-CoV-2 (LINK)
DAS PROBLEM MIT DEN GRENZWERTEN
Der auf unseren Laborzetteln üblicherweise ausgewiesene Zielbereich liegt bei 30 ng/ml. Wir stellen fest, dass sich bei dem Großteil der Messungen in unserer Praxis (geschätzt ca. 80 Prozent) niedrigere Werte ergeben.
Ist es jetzt verhältnismässig, dass so viele gesunde Menschen Nahrungsergänzungsmittel einnehmen sollten, obwohl die Vitamin D Substitution in großen klinische Studien keine ausreichenden Effekte erzielt?
Zielbereiche für Laborwerte basieren nicht auf klinischen Studien, die therapeutischen Nutzen belegen, sondern bedürfen stets der Interpretation. So vermutet das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) einen relevanten unteren Grenzwert bei 12,5 ng/ml.
Beleg: Vitamin D Screening bei Gesunden nicht indiziert. (LINK)
UNSER FAZIT
Es gibt keine generelle Empfehlung für ein Vitamin-D-Screening. Es kann als „Sahnehäubchen“ der Vorsorge sinnvoll sein, im Frühjahr den Vitamin D Wert zu bestimmen um rauszufinden, ob man vielleicht zu den Personen mit besonders niedrigen Werten (< 12,5 ng/ml) gehört, die in Studien möglicherweise unterrepräsentiert sind. Große Effekte sind nicht zu erwarten und in der Regel entstehen Laborkosten für Sie. Eine Einordnung, ob eine Vitamin D Substitution als komplementärmedizinische Vorsorgemaßnahme in Ihrem Fall sinnvoll ist, erhalten Sie in der Sprechstunde. Abschließend hier noch ein guter Übersichtsartikel, in dem begründet wird, warum die manchmal im Heilpraktikerbereich empfohlenen Dosierungen von 20.000 Einheiten pro Tag schädlich sind. Übersichtsartikel: Wieviel Vitamin D braucht der Mensch. (LINK)
Tipp: Das Sonnenbad
- Schon 15 Minuten in der Sonne, 2-3 mal pro Woche, führen zu einer angemessenen Vitamin D Produktion.
- Die besten Monate in München: Mai bis September.
- Tragen Sie so wenig Kleidung wie möglich, z.B. kurze Hose und ärmelloses Oberteil. Besser noch wenn auch der Oberkörper exponiert wird.
- In der Regel sind für Gesunde 15 Minuten Sonnenbad auch ohne Sonnenschutz gut verträglich. Sonnencreme stört die Vitamin D Bildung. Beachten Sie individuelle Hauttypen und Sonnenbrandrisiken.
Stand: 01/2025