Heuschnupfen und Pollenallergie

Die sogenannte allergische Rhinitis ist eine entzündliche Reaktion der Schleimhaut auf bestimmte Stoffe, sogenannte Allergene.


Hieran erkennen Sie einen allergischen Schnupfen (=allergische Rhinitis):

  • Nase: Juckreiz, Niesen sowie eine fließende und verstopfte Nase.
    • Das Hauptsymptom des allergischen Schnupfens.
  • Augen: Juckende, rote, tränende Augen.
    • 60% leiden an allergisch bedingter Bindehautentzündung.
  • Lunge/ Asthma: Reizhusten/ erschwerte Atmung.
    • 10 % der Allergiker entwickeln eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege.
  • Haut/ Neurodermitis: Entzündliche Hautveränderungen.

Eine Allergie auf Inhalationsallergene ist eine Krankheit des ganzen Körpers und geht deshalb mit weiteren Symptomen einher:

  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen.
  • Gehäuft Nasennebenhöhlen-Entzündung.
  • Ausweitung der Allergie auf weitere Stoffe, z. B. Nahrungsmittel (= „Kreuzallergie„).

Was fliegt wann?

  • Saisonale Rhinitis = Heuschnupfen/ Pollenallergie
    • Frühblüher
      • Beginn im Dezember mit Hasel/Erle => andere Bäume (Birke, Esche).
      • Spitze März/April=> Ende Juni.
    • Gräser
      • Beginn im März.
      • Spitze Juli => Ende November.
    • Zusammenfassend erstreckt sich die Allergiesaison im Wesentlichen von Januar bis September.
  • Ganzjährig allergische Rhinitis:
    • Hausstaubmilbenallergene, Tierhaare.

Häufigkeit einer Pollenallergie

  • 10–25 % der Bevölkerung haben gelegentlich Beschwerden durch die Blütenpollen von windbestäubenden Pflanzen (Gräser, Sträucher, Bäume).
  • Die Pollenallergie ist die häufigste chronische Krankheit bei Kindern:
    • Am häufigsten betroffen sind Schulkinder.
    • 80 % der Fälle treten vor dem 20. Lebensjahr auf.
    • Im Alter von 4–5 Jahren und jünger ist die Pollenallergie eher selten, da die betreffende Person wiederholt (über mehrere Saisons) Allergenen ausgesetzt sein muss, um Symptome zu entwickeln.
  • Die Krankheitshäufigkeit hat sich innerhalb der letzten 20 Jahre verdoppelt.
  • Allergien können auch spontan ausheilen, die allergische Disposition verschwindet höchstwahrscheinlich aber nie ganz. Die Symptome können selbst nach mehreren Jahren ohne Symptome wieder auftreten.

Worauf sind die meisten Menschen allergisch?

  •  Am häufigsten reagieren die meisten Menschen auf Gräserpollen.
  • Das Ausmaß der Birkenpollenexposition hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Das liegt sowohl am Klimawandel, als auch daran, dass Birken vermehrt gepflanzt werden.

Warum entwickeln wir Pollenallergien?

Klimawandel und urbane Gesellschaft

  • Mildere Temperaturen verschieben den Beginn der Blüte bei vielen Arten nach vorne.
  • Die erhöhte Luftfeuchtigkeit und die Zunahme von Kohlendioxid (CO2) regen das Pflanzenwachstum an und erhöhen dadurch die Pollenbelastung.
  • Autoabgase enthalten Stickstoffdioxid (NO2). Dieses erhöht z.B.in Ambrosia-Pflanzen die Allergen-Menge und macht die hochallergenen Pflanzen damit noch aggressiver.
  • Reizstoffe wie Zigarettenrauch erhöhen das Risiko an einer Pollenallergie zu erkranken.

Fazit: Die Saison beginnt nicht nur früher und hält länger an, sondern auch die Reizstärke der Pollen nimmt zu.

Genetische Disposition:

  • Bei gesunden Eltern liegt das Risiko im Laufe des Lebens eine Pollenallergie zu entwicklen bei 10 – 20%.
  • Ist ein Elternteil Pollenallergiker steigt die Wahrscheinlichkeit auf 50%.
  • Sind beide Eltern Pollenallergiker steigt die Wahrscheinlichkeit auf 75%.

Prägung in der Kindheit/ Hygiene-Hypothese:

  • Bei Kindern, die auf einem Bauernhof aufwachsen, ist das Risiko für Heuschnupfen und Asthma nur halb so groß.
  • Weil diese Kinder  ständig mit Keimen konfrontiert werden, wird ihr Immunsystem toleranter.
    • Es gewöhnt sich an harmlose Bakterien.
    • Auch beim Kontakt mit eigentlich harmlosen Allergenen wie Pollen reagiert das Immunsystem der „Bauernkinder“ nicht.
  • Ein täglicher Stallaufenthalt der schwangeren Mütter von 20 Minuten führt in einer Untersuchung zu einer Reduktion der Erkankungshäufigkeit der Kinder.
  • ABER! Kinder, die nach dem 1. Lebensjahr auf einen Bauernhof gezogen waren, litten genauso häufig an Allergien wie andere Kinder.

Diagnostik

Typische Symptome während Pollensaison länger als 10 Tage sprechen für eine allergische Ursache

Prick-Test

  • Bei diesem Testverfahren werden insgesamt 20 Testlösungen auf die Arme aufgetragen und die Hautbarriere mit einem kleinen Kratzer geschwächt. Der Test ist positiv, wenn nach 15 Minuten eine allergische Hautreaktion auftritt.
  • Der Prick-Test ist besonders sensitiv, d.h. er ist besonders gut geeignet, um eine Allergie zu erkennen.

Antihistaminika, Kortison und trizyklische Antidepressiva beeinflussen das Ergebnis und müssen daher einige Tage vor dem Test abgesetzt werden.

Allergenspezifische IgE-Antikörper (RAST)

  • Der RAST ist sehr spezifisch, jedoch weniger empfindlich als der Prick-Tests. Er kann also helfen bei mehreren positiven Ergebnissen im Prick-Test (z.B. Gräser, Frühblüher und Milben) das wichtigste Allergen rauszufiltern.
  • Außerdem ist er hilfreich, wenn der Prick-Test nicht möglich ist oder wenn die Patienten Medikamente nehmen, die die Ergebnisse des Prick-Tests beeinflussen (siehe oben).

Therapie

Hyposensibilisierungstherapie

Durch die regelmäßige Gabe eines bestimmten hochdosierten Allergens (z.B. Birke) gewöhnt sich das Immunsystem an das verabreichte Allergen.

In der Natur findet der Kontakt mit dem Allergen unregelmäßig und in niedriger Dosis statt, weshalb hier kein Gewöhnungseffekt eintritt.

Die Therapie läuft über einen Zeitraum von 3 Jahren ganzjährig. Dann wird ein Auslassversuch unternommen.

Indikationen:

  • Mittelschwere bis schwere persistierende allergische Rhinitis.
  • Organmanifestationen: Asthma bronchiale, Neurodermitis.

Therapieformen:

  • SCIT (=subkutane Immuntherapie):
    • Hier erhält der Betroffene nach einer Aufdosierungsphase von ca. 7 Wochen alle 4 Wochen eine Spritze in der Arztpraxis.
    • Gut für Patienten, die sich eine tägliche Tabletteneinnahme nicht vorstellen können. 
  • SLIT (=sublinguale Immuntherapie):
    • Hier nimmt der Betroffene täglich zuhause eine Tablette ein, die das Allergen enthält, das dann über die Mundschleimhaut mit dem Immunsystem in Kontakt kommt.
    • Die SLIT weist in Hinblick auf schwere systemische Reaktionen ein besseres Sicherheitsprofil auf als die SCIT.
    • Gut für Patienten die viel reisen und nicht regelmäßig eine Arztpraxis aufsuchen können. Die Einnahme des Allergens muss aber zuverlässig jeden Tag erfolgen. 
  • Beschwerden in der Nase/ Augen Lokaltherapie mit Nasenspray empfohlen.
    • Cromogylcinsäure, Cortisonspray, Antihistaminikum.
  • Lunge oder der Haut
    • Antihistaminika in Tablettenform vom Arzt verschrieben.
    • Manchmal kommen auch Kortikosteroid-Tabletten zur kurzzeitigen Behandlung in Frage.
  • Allergie-Medikamente lindern nur die Symptome, beheben aber nicht die Allergie selbst.

Symptomatische Therapie

  • Bei Beschwerden in der Nase und an den Augen ist eine Lokaltherapie mit Nasenspray und/oder Augentropfen häufig ausreichend.
    • Die Lokaltherapie ist meist gut verträglich und kann normalerweise die ganze Saison über angewendet werden, solange Symptome bestehen.
    • Präparate erhalten Sie rezeptfrei in der Apotheke.
  • Wenn Lunge oder Haut betroffen sind, kommen systemische Antihistaminika in Tablettenform und manchmal auch Kortikosteroid-Tabletten (zur kurzzeitigen Behandlung) in Frage.
    • Die häufigste Nebenwirkung einer „Allergie-Tablette“ (=Antihistaminikum) ist eine teils auch starke Müdigkeit.
  • Bei den wenigen Patienten, die mit den genannten Maßnahmen nicht ausreichend behandelt sind, kann ein niedrig dosiertes Kortisonpräparat (z.B. Prednisolon 5 mg pro Tag) bedarfsweise zur Anwendung kommen.

Achtung: Früher wurden auch Kortison-Depot-Präparate in den Gesäßmuskel gespritzt (z.B. Volon A = Triamcinolon). Oft hat eine Injektion pro Saison gereicht und die Wirksamkeit war meist gut. Inzwischen weiß man aber, dass intramuskulär verabreichtes Kortison mit schwerwiegenden Nebenwirkungen einhergehen kann:

    • Gewebsschäden am Injektionsort, Abzessbildung oder Auftreten der oft tödlichen nekrotisierenden Fasziitis.
    • Unterdrückung der körpereigenen Hormonsekretion mit Muskelschwund, Gewichtszunahme, Schlafstörungen, erhöhter Blutzucker, Blutdruck und mehr. 

Ich rate deshalb von Kortisonspritzen in den Muskel ab. 


Lebensstil-Modifikation

Ziel ist die Exposition zu reduzieren bei Pollenwetter (warm, wenig Regen, leicht windig). Hier kann eine Handy-App helfen „Problemtage“ zu identifizieren und Verhaltensänderungen gezielt anzuwenden.

Verbesserung der Luftqualität

  • Tagsüber nicht Lüften
    • In der Stadt (hohe Pollenbelastung vor allem abends) zwischen 6 und 8 Uhr lüften.
    • Auf dem Land (hohe Pollenbelastung vor allem morgens) zwischen 19 und 24 Uhr lüften.
  • Luft befeuchten
    • z.B. Nasse Handtücher in der Wohnung aufhängen.
    • Elektrischer Luftbefeuchter.
  • Luft reinigen
    • Elektrischer Luftreiniger mit HEPA-Filter.
      • Achtung: Kein Kombigerät mit integriertem Luftreiniger verwenden. Diese lassen sich nicht komplett reinigen und führen häufig zu einer Schimmelpilzbelastung.
    • Pollenfilter für die Lüftungsanlage des Autos anschaffen. Autofenster geschlossen halten.
  • Nach Regengüssen ins Freie gehen und pollenfreie Luft genießen.
  • Stark befahrene Straßen meiden – die Stickstoffdioxide aus den Verbrennungsmotoren der Autos erzeugen aggressivere Pollen.
  • Urlaub auf die Pollensaison abstimmen und bevorzugt ans Meer oder ins Hochgebirge > 2000 Meter fahren.

Allergene vom Körper entfernen

  • Mehrmals täglich Gesicht waschen.
  • Duschen vor dem Schlafengehen/ Haare waschen.
  • Nasendusche verwenden.
  • Wäsche nicht im Freien lüften.
  • Straßenkleidung nicht im Schlafzimmer ausziehen.
  • Regelmäßig Bettwäsche waschen.

Akupunktur

Akupunktur zeigt in Studien eine gute Wirkung bei Pollenallergikern.

Eine Übersichtsarbeit (Feng et al) von 2015 fasst die Ergebnisse von 13 verschiedenen Studien zur allergischen Rhinitis/Heuschnupfen mit insgesamt 2365 Patienten zusammen mit folgenden Ergebnissen:

  • Signifikante Abnahme nasaler allergischer Symptome mit einer signifikanten Reduktion von Medikamenteneinnahme.
  • Die allergieauslösenden Ig-E-Antikörper waren in den Therapiegruppen signifikant weniger im Blut vorhanden als in den Kontrollgruppen.
  • In Fragebögen gaben die Patienten eine signifikant höhere allgemeine Lebensqualität an als die Kontrollgruppen.
  • Keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.

Fazit: die Akupunktur ist eine effektive und sichere Therapie der allergischen Rhinitis, die ergänzend zu Medikamenten angewendet werden kann.

Umsetzung: 

  • Die Behandlung findet in der Saison über 4 Wochen mit je drei Sitzungen pro Woche statt.

Akupunktur bei allergischer Rhinitis ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. 


Eigenblut-Therapie

Ziel der Eigenblut-Therapie ist die Umstimmung des Immunsystems hin zu einer nicht-allergischen Reaktionsweise. Da die Eigenblut-Therapie auf kein bestimmtes Allergen abzielt, ist sie besonders geeignet für Patienten, die auf sehr viele unterschiedliche Allergene reagieren.

Die Eigenblut-Therapie bei Pollenallergie ist Erfahrungsmedizin und meines Wissens nach durch hochwertige Studien weder belegt noch widerlegt.

Umsetzung:

  • Es wird venöses Blut aus der Armbeuge entnommen und mit einem naturheilkundlichen Ampullenpräparat vermengt. Hiernach folgt die Injektion des Gemisches in den Gesäßmuskel unterhalb des Beckenkamms.
  • Die Therapie erstreckt sich über 6 Wochen mit insgesamt 8 Injektionen.

Eigenblut-Therapie ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen


Der folgende Abschnitt ist für besonders interessierte Leser gedacht und kommt nicht ohne Fachbegriffe aus. Eher praktisch orientierte Leser können auf diesen letzten Abschnitt verzichten. 


Was passiert bei einer allergischen Reaktion genau im Körper?

  • Ursächlich ist ein Ungleichgewicht zwischen den beiden Gruppen der T-Helferzellen des Immunsystems
      • TH1 Zellen bilden Interferon Gamma + IgG 1-3 zur Abwehr von bakteriellen/viralen Infekten.
      • TH2 Zellen bilden kein Interferon Gamma aber IgE + Ig4 zur Abwehr parasitärer Infektionen. Das IgE vermittelt im Sinne einer Überreaktion die Allergie.
  • Bei Allergikern dominieren TH2 Zellen das Immunsystem. In dieser Reaktionslage bilden die B-Lymphozyten der Betroffenen oft erst nach mehrmaligem, jedoch mindestens nach einmaligem Kontakt Ig-E-Antikörper gegen bestimmte Allergene. Das Immunsystem ist jetzt quasi „scharfgestellt“.
  • Bei erneutem Kontakt mit dem Allergen verbinden sich die im Vorfeld gebildeten Ig-E-Antikörper, die z.B. auf Birkenpollenallergenen „massgeschneidert“ sind, mit dem sogenanngen Fc-Rezeptor von Mastzellen.
  • Dies führt zur Freisetzung von Mediatorsubstanzen wie Histamin, die folgende Wirkung entfalten
    • Erweiterung der Blutgefäße.
    • Erhöhte Durchlässigkeit der Gefäßwand mit Austritt von Flüssigkeit in das Gewebe.
    • Verengung der Atemwege oder eine Gewebsentzündung.

Folgen:

  • Die Mediatorsubstanzen führen durch eine reflexmediierte Reaktion über die parasympathischen Zweige des Nervus trigeminus zu Niesen, Juckreiz und Hypersekretion.
  • Die Schwellung der Nasenschleimhaut wird durch die direkte Wirkung der Mediatorsubstanzen auf die Gefäße verursacht.

Therapeutischer Nutzen dieser Überlegungen: 

  • Die Hyposensibilisierungstherapie (siehe oben) führt zum sogenannten Isotypen-Switch: Durch die regelmäßige hochdosierte Gabe des Allergens bilden die B-Lymphozyten weniger Ig-E zugunsten von allergenspezifischem Ig-G. Letztes fängt die Allergene ab, bevor Sie mit Mastzellen reagieren und die allergische Reaktion in Gang setzen können.